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Dies ist ein wichtiges, allerdings auch schwieriges Thema.

Ich übe diese Tätigkeit ehrenamtlich aus, das heißt, ich habe bewusst entschieden, Menschen in einer schwierigen Lage Zeit und Energie zu schenken − und zwar vom ganzen Herzen. Mir geht es gut, meine Kinder sind jetzt erwachsen, ich habe eine interessante Arbeitsstelle. Außerdem ist für mich der Zusammenhalt in der Gesellschaft sehr wichtig. Ich bin Französin, meine Familie lebt in Frankreich, ich weiß, wie wertvoll Unterstützung, beispielsweise in der Nachbarschaft ist, wenn keine Verwandten in der Nähe leben.

Allerdings verlangt diese Tätigkeit sehr viel Kraft von mir. Ich spüre es nach den Einsätzen. Es ist wichtig, dass ich auf mich aufpasse – während des Besuches und danach.

Es gibt einige Punkte, die ich mir immer wieder klar machen muss: Das Wichtigste ist erstmal, nicht unter Zeitdruck zu stehen, keine dringenden Termine nachher wahrnehmen müssen, kein Smartphone angeschaltet zu haben. Mein Umfeld weiß: Ich bin für zwei Stunden weg. Ich fahre am liebsten mit dem Fahrrad ins Krankenhaus, ich bekomme so am besten den Kopf frei. Dann muss ich mir dessen bewusst sein, dass ich während eines Gespräches die Rolle der Begleiterin habe, ich führe definitiv nicht. Ich arbeite ehrenamtlich und befinde mich somit auch nicht auf der Gefühlsebene der Angehörigen. Dies ist ein sehr großer Vorteil. Ich darf nicht Stellung nehmen oder versuchen, Probleme zu klären. Mein Ziel ist: da zu sein, liebevoll zuzuhören und im besten Fall zu verstehen. Dabei ist es für mich wichtig, meine eigenen Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren: Was kann ich zulassen, bis wohin fühle ich mich wohl? Manche Situationen führen dazu, dass ich mich herausziehen muss. Zusammengefasst heißt es, dass ich Nähe und Distanz gut überprüfen muss; dazu gibt es kein richtiges Maß, jedoch eine individuelle Orientierung: Mitgefühl ist gut, aber kein Mitleiden. Wenn mir diese gelingt, kann ich den Patientinnen und Patienten am besten begleiten.

Ich habe einige Werkzeuge, die mich bei der Reflexion meines Handelns, Denkens und Fühlens unterstützen.

Wenn der Einsatz schwierig war, bleibe ich noch etwas im Krankenhaus und mache eine Pause in der Cafeteria. Ich sitze in einem Sessel vor dem großen Fenster mit Blick in den Garten und komme innerlich wieder zur Ruhe. Zeit zu haben, ist für mich elementar wichtig.

Ich habe mir angewöhnt, in den Tagen nach dem Einsatz einen kurzen Begleitungsbericht zu schreiben, natürlich anonymisiert. Ich lasse etwas Zeit vergehen, damit Emotionen sich wieder stabilisieren. Das Schreiben hilft, Gedanken zu strukturieren. Ich kann alte Berichte wieder lesen, ähnliche Situationen erkennen und nachlesen, wie ich mich damals verhalten hatte.

Ich nutze auch sehr gerne die bilateralen Gesprächsangebote unserer Koordinatorinnen. Es geht für mich vor allem um Sicherheit in meinem Auftreten: Wie erkenne ich meine Grenzen und die Grenzen meiner Rolle als Ehrenamtliche? 

Vor einiger Zeit habe ich gemerkt, dass dies nicht ausreichend ist; ich bin jetzt einmal im Monat in einer Supervisionsgruppe. Wir sind eine kleine Gruppe, können Fragen und Konflikte bearbeiten und werden in persönlichen Veränderungsprozessen durch den/die SupervisorIn und die anderen Gruppenteilnehmerinnen und Gruppenteilnehmer begleitet. Es unterstützt mich in meiner Entwicklung, ich sehe es als Beitrag zur Kompetenzförderung.

Diese besonderen Momente in der Hospizarbeit zeigen mir, wie wichtig es ist, seine Lebenszeit bewusst zu nutzen. Mein Leben ist dadurch viel intensiver geworden und ich überlege zwei Mal, wie schwer private und berufliche Belange wiegen.

Meine Arbeit wäre nicht möglich ohne Ausbildung und Fortbildung. Es ist der Kern für meine Entwicklung, mein Reifen und Ausüben des Ehrenamtes. Darüber werde ich nächste Woche berichten.

Ich freue mich, wenn Sie beim nächsten Artikel wieder dabei sind.

Ihre Magali Kaske

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Zur Person

Ich möchte mich gerne vorstellen: Ich bin Magali Kaske und ehrenamtlich im Diakonie Hospiz Wannsee tätig. Hauptamtlich arbeite ich bei der Deutschen Telekom Healthcare Solutions und wollte auch dort Hospizarbeit bekannter machen. Über  vier Wochen habe ich jede Woche einen Artikel in meinem Blog gepostet und viele wertschätzende und interessierte Rückmeldungen erhalten. An dieser Stelle möchte ich meine kleinen Artikel auch gerne mit Ihnen teilen und erzählen, was mein Ehrenamt für mich bedeutet.